Über Orte

2011, Mai 6th

Es gibt wieder ein neues „Magazin über Orte“. Die Nummer 8 handelt vom Paradies oder vielmehr von dessen Verabschiedung. Leise winkend lässt es uns in der sich weiter und weiter dehnenden Gegenwart zurück.
Utopien begegnet man mit Ironie, die Zeit der vorbewussten Glückseligkeit liegt als schäbiger Schlüssel im Küchenkasten. Niemand weiß mehr, was der früher aufgeschlossen hat. Man hebt ihn aber trotzdem auf.  
Ein schönes Heft. Über den wieder intelligent und sensibel zusammengetragenen Beiträgen spannt sich etwas Melancholisches auf. Elmar Bambach, Julia Marquardt und Birgit Vogel haben ein gutes Händchen, wenn es darum geht, scheinbar Unvereinbares wie die kitschigen Blumenbilder von Fischli und Weiss, das „Flooded Grave“ von Jeff Wall und die „Slides # 1-3“, die weißen Felder, die an den Wänden entstehen, wenn keine Dias mehr in den Projektoren sind, gemalt vom großartigen Luc Tuymans.
Es gibt auch wieder gute Texte von mir zumeist bis jetzt unbekannt gebliebenen Autoren. Die erweitern das, was die Bilder aufspannen, beträchtlich.
Mir nicht unbekannt ist z.B. Günter Kunert, der mit seiner Geschichte „Adam und Evam“ besonders hervorsticht: In einem schäbigen alten Raumschiff sind nach dem Untergang der Erde zwei Menschen mit der Mission eine neue Erde zu gründen in Richtung Sirius unterwegs. Evam hat Glatze und einen langen assyrisch anmutenden Vollbart, irgendwas ging schief, als Adam seinen männlichen Kollegen gemäß den Notfallplänen umoperierte.
Allen Bemühungen zum Trotz gibt es keine Kinder. So rauschen die letzten Menschen durchs All, ohne Zukunft einem unsicheren Ziel entgegen.

Das Magazin über Orte ist in ausgewählten Buchhandlungen oder direkt zu bestellen und kostet 12 €.

Göran Gnaudschun

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