Echte Liebe!

2013, Feb 6th

Liebe_im_Auge_1Sagt neulich einer: „Ist doch erstaunlich, was für ein toller Fotograf aus diesem Polizisten geworden ist.“ Schreibt einer: „Wir wissen doch alle, dass unsere Nahrungsmittelproduktion industrialisiert ist. So what?“* Und der Spiegel: „Plagiieren bei den besten Adressen.“**
„Naja,“ sag’ ich: „mal sehen, was aus dem nächsten wird.“ Und: „Ja, aber die Leute essen eben so, wie sie den Tank ihres Autos füllen. Eben genau weil im richtigen Leben vermeintlich alle Sinnlichkeit entzogen ist und nur noch in einer Bilderwelt stattfindet, verstören uns diese Lebensmittel so. Wir sind gewohnt, dass die Bilder sinnlich sind (und nicht mehr das Leben selbst). Ach ja, und manchmal muss man die Dinge eben zweimal sagen oder auch nur ins Heute übersetzen.
Eben: Die Liebe im Auge.*** Das Auge der Liebe_Groebli1954 erschien Das Auge der Liebe von René Groebli und war im prüden Europa ein Flop. 66 Jahre später (haha, Fred: Zahlenspiel!) inszeniert Fred Hüning mit seiner Karoline in Berlin ein Remake. In bunt, gestalterisch sehr nahe am Original, zuweilen weitaus nackter – will sagen im vorderen Teil des Buches etwas weniger subtil-erotisch –, und stellt damit ähnlich wie schon in einer, zwei und drei privateste Erfahrungen und Gefühle in der Öffentlichkeit zur Diskussion (oder zum Genuss), die sich hier jedoch von den Personen lösen und zu etwas Allgemeingültigerem, ja zu etwas sehr persönlichem im Auge des Betrachters werden.Liebe_im_Auge_8-9 Liebe_im_Auge_18-19
Klar, das ist alles sehr ehrlich und echt. Zwischen den beiden. Für uns anderen wird es Erinnerung, Sehnsucht, oder, je nach dem, schlimmer noch: Ersatz. Ein Buch für stille Stunden allein, oder als Lebensvorlage zu zweien; eine Novelle? Die historisch-schwarzweiße Verklärung, der Abstand und visuelle Märchenhaftigkeit (siehe z.B. auch den berühmten Caféhauskuss von Doisneau – und auch der war inszeniert) der 1950er Jahre ist ja weg. Also aus heutiger Sicht fehlt hier nun ein Stück weit die metaphorische Ebene.
Was in der Literatur zu funktionieren scheint, stellt uns in der Welt der Bilder vor die Frage: wo genau befinden wir uns hier zwischen Reality Shows, (Werbe-)Sehnsuchtswelten, Abziehbildsoaps, Biopics, Facebook-Clips, Second Life und richtigem, gelebtem Leben? Vor allem wo doch Textkonnotation eigentlich immer ins eigene Leben spiegelt, die der Bilder aber eben meist erstmal zu anderen Bildern? Ich finde, es ist ein wunderschönes Lehrstück in photographischer Literatur. Und jenseits aller Medialität: hier sehen wir echtes Leben. Echte Liebe!

* Vince Leo @ Little Brown Mushroom
** http://www.spiegel.de/politik/deutschland/zitat-affaere-guttenberg-plagiieren-bei-den-besten-adressen-a-746384.html; Freitag, 18.02.2011 – 14:39 Uhr
*** bei voller Quellenangabe!

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